schmerzfrei workshop für eltern angekündigt

DAK cancelt Seminar von Liebscher-Bracht, Bundesamt prüft

 Schmerzende Schulter durch Arthrose: Das Duo Liebscher und Bracht ist mit seinen Angeboten in der Kritik. Foto: Shidlovski / Stock
Schmerzende Schulter durch Arthrose: Das Duo Liebscher und Bracht ist mit seinen Angeboten in der Kritik. Foto: Shidlovski / Stock

29.06.2022 von Nicola Kuhrt,

 

Die Krankenkasse DAK lud zu einem Online-Workshop für Eltern mit Kindern, Titel „Schmerzfrei und gesund“. Einziger Referent: Roland Liebscher-Bracht, der gerade erst durch die Verbraucherzentrale aufgrund von unzulässiger Gesundheitswerbung abgemahnt worden war. Nach Kritik in sozialen Medien nahm die Kasse den Workshop wieder aus dem Programm, das Bundesamt für Soziale Sicherung hat sich eingeschaltet.

 

 

Das Autoren-Duo Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht bietet im Internet erfolgreich Hilfsmittel und Kurse gegen Arthrose an. Das Problem: Die teils irrführenden Aussagen schüren Misstrauen in die Medizin, die Verantwortung für ihre Genesung wird subtil auf die Patienten geschoben. Wir berichteten über die Versprechen zur Arthrose-Heilung ohne Operation.

 

Verschiedene Aussagen des Duos kritisierten vor Kurzem auch die Verbraucherzentralen NRW und Rheinland-Pfalz. Bei ihrem „Faktencheck Gesundheitswerbung“ prüften sie Angebote von Liebscher & Bracht und mahnten einige Aussagen ab. Erfolgreich. Die bemängelten Werbeaussagen verstießen gegen die Nahrungsergänzungsmittel-, die EU-Lebensmittelinformationsverordnung und das Heilmittelwerbegesetz, berichtet Gesa Schölgens von den Verbraucherschützern gegenüber MedWatch.

 

 

Roland Liebscher-Bracht als DAK-Referent?

 

Die „Liebscher & Bracht Schmerzfrei GmbH“ habe eine Unterlassungserklärung unterzeichnet und darf die Werbung so nicht wiederholen.

 

Ungeachtet aller Kritik präsentierte die Krankenkasse DAK Ende Juni Roland Liebscher-Bracht als Referent für einen Online-Workshop, auf dem dieser „Tipps für Eltern und Kids“ geben wollte. Am 28. Juni, von 19 bis 20h, sollte es heißen: „Schmerzfrei und gesund!“

 

 

Geplant mit Roland Liebscher-Bracht: Die Einladung zum geplanten DAK-Seminar. (Screenshot: MedWatch)

 

 

 

Die Einladung wurde auch auf Twitter thematisiert und kritisiert: Brauchen schon Kinder ein umstrittenes Programm nach Liebscher-Bracht?

 

 

DAK spricht von Abstimmungsfehlern

 

Wir fragten nach bei der DAK, immerhin eine der größeren Krankenkassen in Deutschland mit 5,4 Millionen Mitgliedern. Man habe auf das Thema „Schmerz“, das viele Menschen beschäftigt, reagieren wollen mit einem Online-Seminar, erklärt uns ein Sprecher: „Bei der Auswahl der möglichen Referentinnen und Referenten ist es dann zu einem Abstimmungsfehler gekommen.“ Auch der „Bezug zu Kindern“ sei falsch gewesen und „gehörte zu den erwähnten Abstimmungsfehlern“.

 

Während die DAK das Online-Seminar mit Roland Bracht also wieder zurückzog, fragten nicht nur wir uns, was dies für „Abstimmungsfehler“ sein könnten. Der Sprecher führte etwas weiter aus. In der „Seminarplanung gab es eine fehlerhafte Abstimmung zwischen den zuständigen Bereichen. Deshalb hat die sonst übliche Qualitätsprüfung nicht gegriffen.“

 

 

Wie frei sind gesetzliche Krankenkassen in dem, was sie ihren Kunden anbieten?

 

Auf Grund des DAK Liebscher-Bracht-Workshops fragten wir beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) nach, wie unabhängig Krankenkassen überhaupt sind, z.B. in der Auswahl ihrer Kursangebote für Kunden. Es führt die Rechtsaufsicht über die bundesunmittelbaren Träger der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung. Das BAS antwortete prompt und kündigte an, sich das gesamte Programm der DAK anzusehen. Die Behörde sei befugt, gegenüber der DAK tätig zu werden, wenn diese mit ihrem Seminarangebot gegen Gesetze verstoße.

 

Wie Krankenkassen Seminare gegenüber ihren Versicherten anbieten können, ist im Dritten Kapitel des SGB V festgelegt. Zusätzliche Leistungen kann die Krankenkasse in ihrer Satzung in begrenztem Umfang festlegen, erklärt uns eine Sprecherin.

 

Krankenkassen stünden im Wettbewerb zueinander. Der Wettbewerb diene dem Ziel, das Leistungsangebot und die Qualität der Leistungen zu verbessern sowie die Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu erhöhen. Die Krankenkassen sind danach berechtigt, um Mitglieder und für ihre Leistungen zu werben. Allerdings müsse bei Werbemaßnahmen der Krankenkassen die sachbezogene Information im Vordergrund stehen.

 

Auch sind Krankenkassen zur Aufklärung und Beratung verpflichtet. Aufklärung und Beratung müssen sich hierbei auf die Rechte und Pflichten in der Krankenversicherung beziehen. In wieweit die DAK gegen diese Vorgaben verstieß, soll nun die Prüfung ergeben – wir werden über das Ergebnis berichten.

 

Wir haben auch Roland Liebscher-Bracht gefragt, wie es dazu kam, dass er als DAK-Referent angekündigt war – und wie er es findet, dass dieser Auftrag nun wieder gestrichen wurde. Das war vor zehn Tagen. Trotz freundlicher „Wir-prüfen-das“-Rückmeldung haben wir keine Antwort von ihm erhalten.